⎯ Wir lieben Familie ⎯

Die Zahnfee kommt nicht auf den Spielplatz

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Der Wackelzahn ist raus!
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AutoreninfoSylvia Koppermann
aktualisiert: 10.08.2021Mehrfache Mutter u. Autorin
Medizin, Gesundheit und Erziehung
Es war Sommer, die Ferien hatten gerade begonnen und Malte fieberte seiner Einschulung entgegen.

Passend dazu hatte er seinen ersten Wackelzahn von dem er inbrünstig hoffte, dieser würde noch rechtzeitig zum Schulbeginn ausfallen, denn echte Schulkinder haben doch eine Zahnlücke.

So fummelte Malte bei jeder Gelegenheit in seinem Mund herum und mehr als einmal musste ich ihn bitten, wenigstens beim Essen die Finger aus der Schnute zu nehmen.

Jemma und Till, bereits Wackelzahn erfahren, taten alles, um dem kleinen Bruder Tipps zu geben. Meist kam dabei der obligatorische Bindfaden zur Sprache und nachdem bereits eine Türklinke locker war, schritt ich schon in der Planung ein, als mein Toaster ins Gespräch kam. Ob man denn ersatzweise das Bügeleisen.

Auch als Till mit der großen Rohrzange auf seinen kleinen Bruder zu steuerte, sprang ich dazwischen und wurde von Malte mit einem strafenden Blick bedacht. "Mama, wenn wir nichts machen dürfen, dann ist das völlig uncool!".

"Mein Sohn, statt meine Haushaltsgeräte zu werfen, könnten wir doch zum Zahnarzt gehen", war mein Argument als zaghafter Versuch den Hausstand zu retten. "Nee," warf Till ein "das ist ja fast wie mogeln! So ein Zahn muss altmodisch gezogen werden!"

Was immer er damit meinte, es machte mir Angst, denn meine Kinder schäumten in ihrer Kreativität gerade zu über. Schließlich löste sich das Problem doch noch von allein, wenn auch anders und spektakulärer, als ich dachte. Wie fast jeden Tag, marschierten meine Kinder am Vormittag zum Spielplatz an der Ecke. Bereits eine halbe Stunde später, schreckte mich ein infernalisches Gebrüll auf und ließ mich zur Haustür stürzen. Gerade schob Till den kreischenden Malte die Treppe hinauf, der immer nur herausbrachte:

"Mein Zahn ist raus, ... mein Zahn ist raus!"

Ich dachte, mein Kleiner stehe unter Schock, ist doch gerade das Ausfallen des ersten Zahns immer auch mit einem kleinen Schrecken verbunden. Also redete ich auf ihn ein, dass wir nun einen Grund zum Feiern hätten, er auf den Schreck ein großes Eis verdient hätte und überhaupt, die ganze Familie nun in Partystimmung sei.

Malte brüllte noch lauter und nun verstand ich nicht einmal mehr seine gestammelten Worte.

Till übernahm die Rolle des Übersetzers: "Mama, darum geht es doch gar nicht! Das war Maltes erster Zahn und jedes Baby weiß doch, dass die Zahnfee beim ersten Zahn mehr springen lässt. Glaubst Du, die kommt jetzt auf den Spielplatz und legt das Geld in den Sandkasten?"

Maltes Gebrüll steigerte sich um weitere schrille Nuancen. So blieb mir nur das Gespräch mit seinem Unterhändler, dem großen Bruder, fortzusetzen. "Abgesehen davon, dass ich mir vorstellen könnte, die Zahnfee würde sicher auch mal eine Ausnahme machen. Mhm, wenn nicht, könnten wir ja einen kleine Notlüge anwenden und einen von Euren alten Milchzähnen unters Kissen legen." Wie gut, dass Malte weiter brüllte, so kamen meine beiden Großen gar nicht auf die Idee nachzufragen, wie ich in den Besitz ihrer Milchzähne gelangte, die doch von der Zahnfee abgeholt worden waren.

Als er dann, beim Hinausgehen, noch nuschelte: "Wenn wir so dumm wären, hätten wir den anderen ja mitgebracht, der nicht gepasst hat!", wurde mir endgültig ganz anders und ich befahl Malte, sich gründlich die Zähne, samt den gesamten Mundraum zu putzen.

Mein kleiner Zahnsucher war glücklich und behielt das Zähnchen, bis zum Schlafengehen, bei sich. Es muss wohl nicht gesondert erwähnt werden, dass die Zahnfee in dieser Nacht besonders großzügig war.

Beim Frühstück spielte Malte gedankenverloren mit seinen zwei Euro. Ich fragte ihn, ob er seinen Zahn vermisst, weil er so grübelte. Malte seufzte.

"Nee, Mama, den Zahn vermisse ich nicht. Aber Till meinte, die Zahnfee bringt für die Zähne doch immer fünfzig Cent. Für den Zahn habe ich gleich so viel mehr bekommen, dass ich gerade überlege, wo ich den nächsten verlieren muss, damit die Zahnfee weiter so großzügig bei mir ist."

Innerlich verabschiedete ich mich von meinem Bügeleisen. Ich hasste es sowieso und ein Neues käme, langfristig gesehen, nicht teurer als der Spektakuläritätsbonus für Maltes Zahnungsorte.

[SyKo]

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