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Tabuthemen: Wenn sich Schamgefühle entwickeln

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Auch Kinder schämen sich.
Auch Kinder schämen sich.

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AutoreninfoSylvia Koppermann
aktualisiert: 19.04.2011Mehrfache Mutter u. Autorin
Medizin, Gesundheit und Erziehung

Nackt sein? Besser nicht.

Schamgefühle kennt sicher jeder von uns. Sie beziehen sich auf viele Bereiche unseres Lebens und treten immer dann auf, wenn uns eine Situation peinlich erscheint. In der sexuellen Entwicklung von Kindern kommt es zu Phasen ausgeprägten Schamgefühls, in denen die Kinder von den Eltern plötzlich nicht mehr nackt gesehen werden wollen - oder diese selbst nackt sehen.

Das ist völlig normal, gehört zur Selbstfindung dazu und wir Eltern sollten auf jeden Fall sehr behutsam mit den Kindern umgehen, indem wir ihnen Privatsphäre bieten.

Schämen ist menschlich

Kein Lebewesen ist in der Lage, ein solch ausgeprägtes Schamgefühl zu entwickeln, wie der Mensch. Dies rührt nicht von der biologischen, sondern vielmehr von der gesellschaftlichen Entwicklung her. Ohne Schamgefühl besteht nicht nur die Gefahr, in eine Außenseiterrolle zu geraten. Es ist sogar mit Risiken verbunden. Denn ganz ohne das Schamgefühl wären beispielsweise Kinder viel schneller mögliche Opfer von sexuellem Missbrauch, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu werden.


Wann die Schamgefühle kommen

Im 2. bis 3. Lebensjahr entwickeln die Kinder erste Schamgefühle, welche noch auf sich selbst bezogen sind. Man spricht hierbei von Selbstscham. Sie können Situationen, in denen sie beispielsweise andere Personen in einem "peinlichen" Moment ertappen, noch nicht mit Fremdscham auffassen. Dies wäre etwa, wenn sie jemanden auf der Toilette überraschen, der sich ungestört wähnt oder dazu kommen, wenn die Eltern gerade Sex haben.

Die Fähigkeit des Fremdschämens erlangen sie erst später, durch das Verstehen von anerzogenen Mustern. Wenn zum Beispiel der Elternteil, der auf der Toilette sitzt, dem Kind sagt, dass es bitte wieder rausgehen soll.

Selbstscham kommt von allein

Die Entwicklung von Selbstscham entsteht in vielen Zügen von allein. Das hängt besonders auch mit der Selbstfindung des Kindes zusammen. Es beginnt damit, sich "private" Momente zu schaffen, in denen es ungestört sein möchte. Beispielsweise wenn es in die Windel macht und sich dazu eine ruhige Ecke sucht oder wenn es bestimmte Körperstellen, welche nicht unbedingt die geschlechtsspezifischen Regionen sein müssen, vor den Blicken anderer verdecken möchte.

Nacktsein: Etwas ganz Normales

Allgemein vorherrschende Vorstellungen besagen, dass man Kindern die Scham vor dem eigenen Körper nimmt, wenn man ihnen vorlebt, dass Nacktsein nichts Schlimmes ist. Und natürlich wird ein Kind weniger Probleme mit der eigenen Nacktheit haben, wenn die Eltern diese als natürlich empfinden. Jedoch heißt das noch lange nicht, dass das Kind sich genauso freizügig selbst nackt vor den Eltern zeigen möchte.

Genauso kann das Kind, dessen Eltern die eigene Nacktheit tabuisieren, um so mehr Gefallen daran finden, selbst unbekleidet durch die Wohnung zu flitzen. Wie sich das Kind in dieser Hinsicht entwickelt, hängt individuell von seiner eigenen Persönlichkeit ab.

Kinder lernen Scham

Oft machen Kinder die ersten Erfahrungen mit dem Schämen, wenn Erwachsene sie darauf hinweisen, dass sie etwas Falsches oder Schmutziges gemacht haben. Spielt ein Kleinkind mit seinen eigenen Exkrementen, wird das häufig mit Tadel geahndet und man sagt dem Kind: "Das macht man nicht!" So entwickelt es Scham dafür, etwas getan zu haben, das als falsch angesehen wird, ohne dass es vielleicht überhaupt verstehen kann, warum "man das nicht macht".

Perfekte Erziehung gibt es nicht

Es gibt keine pauschalen Tipps, die man Eltern geben könnte, um bei ihrer Erziehung dafür zu sorgen, dass das Kind ein gesundes Schamgefühl entwickelt. Was das eine Kind offen annimmt, lehnt das andere Kind wieder kategorisch ab, um grundsätzlich das Gegenteil zu machen. Dies macht es nicht, weil es unartig ist, sondern weil dies zum natürlichen Selbstfindungsprozess gehört.

Ein Rat kann aber sicher auf alle Kinder angewendet werden: Stellen Eltern sich offen den Fragen ihrer Kinder, dürfen sie durchaus auch zugeben, wenn sie selbst Schwierigkeiten haben, über bestimmte Themen zu sprechen. Je verständiger das Kind ist, desto eher kann man ihm erklären, wie man selbst erzogen wurde und warum diese Erziehung dazu beigetragen hat, heute nicht über alles locker reden zu können.

Offene Gespräche führen

Kinder erkennen mit zunehmendem Alter Parallelen und Unterschiede zwischen der eigenen Erziehung und der, die die Eltern genossen haben. Nicht selten hilft gerade das Eltern und Kindern, gemeinsam Tabuthemen das Unaussprechliche zu nehmen und ein Vertrauen zu schaffen, um miteinander über alles reden zu können.

Lesetipp Wenn Kinder unangenehme Fragen stellen.

Natürlich ist ein gesundes Maß an Schamgefühl wichtig, um in der Gesellschaft bestehen zu können. Doch umso mehr wächst das Vertrauen, wenn das Kind weiß, dass es kleine, private Situationen haben darf und mit den Eltern über all die Dinge sprechen kann, die es beschäftigen.

[SyKo]

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