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Von Slips und anderer Mode

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Unterwäsche unserer Uromas
Unterwäsche unserer Uromas

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AutoreninfoSylvia Koppermann
aktualisiert: 28.01.2020Mehrfache Mutter u. Autorin
Medizin, Gesundheit und Erziehung
Ja, ich habe es wieder einmal versucht: Stundenlang hing ich virtuell mit der Nase am Boden des Internets und schnupperte nach Tiefpreisen für Unterwäsche, Socken und was man sonst noch so braucht.

Ich bin kein Typ, den man einen ganzen Tag von einem Modegeschäft ins nächste zerren kann. Am besten noch in Begleitung ebenso Textil wütiger Freundinnen, die sich kreischend auf jedes Stück Stoff stürzen, es um ihren Körper wickeln und sogar dann noch verzückt versuchen, das Teil von der Stange in die Garderobe zu schleppen, wenn sie die Gardine des Ladenschaufensters unterm Arm geklemmt halten.

Nein, ich bin praktisch veranlagt. Bei mir muss Kleidung auch nach meinem Geschmack gut aussehen, aber vor allem muss sie funktionell sein. Und genau da geht es dann auch schon los, denn, wie ein guter Freund immer sagte "Du bist ein Vollweib".

Eben das braucht auch Stoff an den richtigen Stellen. Ich kann nichts anfangen mit diesen dünnen Strippen, die in den Boutiquen und Modediscountern als Stringtangas verkauft werden. Für mich sind das bestenfalls zwei miteinander verknotete Fäden. Schaut man sich dann aber die Preise an, könnte man meinen, dass diese Strings ursprünglich knielang gewesen sein müssten und ein flinker Arbeiter habe stundenlang daran gesessen, die Strippen mit der Schere heraus zu modellieren.


Ich meine, gerade bei praktisch veranlagten Menschen, stellt sich doch schnell die nächste Frage: "Wo tut man denn da die Slipeinlage rein?"

Ja, mir ist bewusst, dass es gerade für Strings auch extra Slipeinlagen gibt, aber dann läuft ein Film in meinem Kopf ab, wie ich verzweifelt versuche, die Einlage im Umfang eines Telefonkabels ....

Nein, ich will da jetzt einfach nicht weiter drüber nachdenken!

Ich will meine geliebten, bequemen Jazzpants.

Und schon geht es wieder los!

Es gibt für Hinterteile meines Kalibers und Alters so ziemlich alles: Strings und extra bequeme Hosen bis unter die Brust in feinem Blümchendekor, aber dazwischen ist nichts zu finden, was auch nur halbwegs bezahlbar UND nett ist.

Will ich also nicht meine Hämorriden an einer dünnen Strippe erdrosseln, die zu einem Pseudoslip gehört, der zwischen meinen Hinterbacken Todesängste aussteht, bleiben mir nur die Anti-Erotikschlüpfer Marke “Hatte Oma mal”. Oder ich müsste ein Vermögen für Jazzpants in der Optik einer 70er Jahre Retro-Tapete hinblättern, um dann, beim Tragen, immer im Hinterkopf zu behalten, meine eigene Unterbuchs beim runter ziehen nicht anzugucken, da sonst erhöhte Augenkrebsgefahr bestehe.

Also ringe ich mich dazu durch, auch einen Blick in die Online-Kaufhäuser zu werfen, bei denen ich sonst wenig einkaufe.

Und prompt schießen mir die Tränen vor Lachen nur so aus den Augen! Steht doch fast überall im Inhaltsverzeichnis Höschen. Unter dem Begriff stelle ich mir ein zartes, kleine Nichts vor, das man achtfach gefaltet in eine Streichholzschachtel pressen kann.

HÖSCHEN!

Das ist doch kein Name für einen soliden Schlüpfer!

Aber bitte, die Marketingabteilung wird sich was dabei gedacht haben. Sicher irgendwas in der Richtung “Schmeicheln wir den Riesenhintern mit dem Wort ’Höschen’ und die kaufen uns blind auch den hässlichsten Fummel zu Höchstpreisen ab.“

Und dann sehe ich vor meinem geistigen Auge einen armen Packer in der Versandabteilung, der einen Karton in der Größe eines Wäschekorbes auf seinen Buckel wuchtet, gebeugt, mit zittrigen Knien zur Verladerampe schlürft und sie dort dem Zusteller mit den Worten: “Das sind die 12 Höschen für Moppelchen” übergibt.

Nun geht gar nichts mehr, der Lachflash dauert etwa 20 Minuten an und nach eineinhalb Flaschen Mineralwasser, die nötig sind, um meinen Flüssigkeitsverlust der Lachtränen wieder auszugleichen, bin ich bereit, weiter im Internet zu stöbern.

Inzwischen bin ich also auf den XXL-Modeseiten und klicke bebend vom unterdrückten Gekicher auf HÖSCHEN.

Prompt öffnen sich die Pforten meines Unterwäscheparadieses, denn vor mir tummeln sich in lockerer Fröhlichkeit sicher dreißig oder vierzig verschiedene Sorten Jazzpants, die alle nur darauf warten, von mir adoptiert und zur Verhüllung meines höchst privaten Reichstags gekauft zu werden.

Die Demoralisierung folgt auf den Fuß, denn nach dem sechsten Paar HÖSCHEN steht fest, dass ich auch hier keine bekomme.

Nicht, weil es meine Größe nicht gäbe, nein, theoretisch sollte sie erhältlich sein. Nur ausgerechnet, wenn ich einkaufen will, sind sie alle ausverkauft.

Naja, so ganz richtig ist das ja nun auch wieder nicht, denn in einer Größe gibt es sie schließlich noch: 34/36! Dafür würde ich problemlos Strings ergattern können. In meiner und jeder beliebigen höheren Größe. Sogar so groß, dass, würde ich so ein Teil auf die Wäscheleine hängen, die Nachbarn annehmen müssten, ich hätte einen neuen Pavillon aufgestellt.

Fassen wir also zusammen, dass meine Jazzpants im XXL-Modeshop nur in Größen zu bekommen sind, die sogar von L weiter entfernt sind als die Erde vom Mond. Dafür aber bekomme ich modellierte Strippen, die in den endlosen Weiten meiner Bauch- und Gesäßfalten verschwinden würden, dass ich nie genau wüsste, ob ich überhaupt einen Slip anhabe.

Der Moment scheint mir gerade günstig, einen Selbsttherapieversuch zu starten und ein wenig bei den Tuniken herum zu stöbern, bevor ich einen HÖSCHEN-Wutanfall bekomme. Und schon klingt der Gong für die nächste Runde, denn bereits auf der ersten Tunika-Seite steht das große Fragezeichen über meinem Kopf: “Welcher Komiker hat eigentlich das Gerücht in die Welt gesetzt, dass Vollweiber unbedingt überdimensionale Monsterblumen auf ihren Oberteilen wünschen?”

[SyKo]

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