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Die Rolle des Vaters in der Geschichte

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Es war ein langer Weg, bis die Familie zu dem wurde, was sie heute ist.
Es war ein langer Weg, bis die Familie zu dem wurde, was sie heute ist.

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AutoreninfoSylvia Koppermann
aktualisiert: 17.12.2014Mehrfache Mutter u. Autorin
Medizin, Gesundheit und Erziehung

Die Entwicklung der Vaterrolle

Es ist bis heute nicht genau zu sagen, wie lange es den Menschen bereits gibt. Es kommt dabei auch darauf an, ab wann wir unsere Vorfahren als Menschen, vergleichbar mit unserer heutigen Spezies, betrachten.

Vaterschaft

Unabhängig davon, ob wir nun den Werdegang des modernen Menschen ab dem Cro-Magnon-Menschen zählen, der vor etwa 40.000 Jahren das erste Mal in Erscheinung trat oder ob wir zurück bis zum "Homo sapiens" gehen, der vor 200.000 Jahren die Erde zu besiedeln begann und als unser Vorfahre gilt, ist eines jedoch gewiss: Solange es Menschen gibt, gibt es auch Väter, die, je nach Zeitgeschichte, ihren eigenen Platz in ihrer jeweiligen Gesellschaft hatten.

Bis vor etwa 15.000 Jahren, mit dem Ende der letzten großen Eiszeit, führten unsere Vorfahren noch ein Leben, das man eher mit dem von Nomaden vergleichen kann. Sie lebten in Höhlen, die ihnen Schutz boten und wechselten ihren Standort, wie die Lebensbedingungen es verlangten.

Vorfahren reisten viel umher

Noch weit davon entfernt, sesshaft zu werden, kannten unsere Vorfahren noch nicht den Ackerbau. So hing ihr Überleben von dem ab, was die Natur ihnen gab.Besonders wichtig war daher die Versorgung mit Fleisch. Männer jagten, Frauen sammelten Früchte, Wurzeln und wilde Gemüsesorten.

Im damaligen Verständnis der Menschen konnte man den Zusammenhang des Geschlechtsverkehrs mit der Zeugung eines Kindes noch nicht erkennen. Kinder waren ein Geschenk, das die Frauen erhielten und damit den Fortbestand der Art sicherten. Mütter wurden also verehrt, weil ihre Fruchtbarkeit eine Garantie war, dass die Sippen nicht aussterben.

Die typische Vaterrolle gab es noch nicht

So blieb der Mann, in der Rolle des Vaters, eher zurückhaltend, denn für in war nicht erkennbar, dass seine Kinder tatsächlich seine Kinder sind. Jungen wurden in der Regel schon früh vom Vater mit in die Erziehung zum Jäger eingebunden, während Mädchen von den Müttern und anderen Frauen ihrer Sippe lernten.

So trugen unsere männlichen Vorfahren die Verantwortung für die Haupternährung der Familie, sahen sich aber nicht in der Vaterrolle, auch wenn sie sich darum bemühten, ebenso wie die Frauen, dem Nachwuchs die bestmöglichen Grundlagen für das Überleben mit auf den Weg zu geben.

Durch die harten Anforderungen, die eben dieses Überleben stellte, blieb wahrscheinlich auch kaum Zeit, mit dem Nachwuchs zu spielen oder Zärtlichkeiten auszutauschen. Es galt zuerst zu sichern, dass die Sippe versorgt war und das war ein Vollzeitaufgabe.

Die Menschen wurden sesshaft

Es ist heute anzunehmen, dass die Rolle des Vaters, in der Zeit unserer Vorfahren, bis zur Sesshaftigkeit, in erster Linie der eines Lehrers und Ausbilders diente, jedoch weniger emotional war. Dann wurde der Mensch sesshaft. Nach Ende der letzten Eiszeit konnten unsere Vorfahren sesshaft werden und im Lebensumfeld Ackerbau und Viehzucht betreiben. Dies erleichterte ihnen das Überleben, denn sie mussten nicht den Jahreszeiten und dem Wechsel der Tiere, die als Beute galten, folgen.

In Gruppen siedelten sich unsere Vorfahren an. Dies war vor ca. 15.000 Jahren, unter dem Cro-Magnon-Menschen, der unser direkter Vorfahre ist, aus dem sich der moderne Mensch entwickelte.Der Cro-Magnon-Mensch besaß eine hohe Lernfähigkeit, erkannte Zusammenhänge in der Natur und praktizierte bereits religiöse Rituale. Es ist davon auszugehen, dass auch der Cro-Magnon-Mensch nicht nur Lebensbeziehungen mit einer einzigen Frau hatte.

Männer hatten mehrere Frauen

Möglicherweise hatten die Männer oft auch mehrere Frauen. Dies könnte ein Überbleibsel einer Zweckmäßigkeit sein, die schon bei ihren Vorfahren bestand. Viele Männer, die auf die Jagd gingen und dabei im Vollkontakt zur Beute standen, verloren ihr Leben früh. Insgesamt war die Sterblichkeit auch bei Frauen und besonders Kindern hoch. Wahrscheinlich ist jedoch, dass Frauen, deren Partner starben, an die Seite eines Mannes gingen, der möglicherweise schon eine oder mehrere Frauen hatte.

Ohne die Versorgung mit Fleisch war ein Überleben so gut wie ausgeschlossen und die Aufnahme einer weiteren Frau und eventuell deren Kinder, sicherte nicht nur deren Überleben, sondern bot auch Vorteile für den Mann und seine schon vorhandene Partnerin, da die weitere Frau ihre Arbeitskraft als Sammlerin mit einbrachte.

Geschlechtsverkehr gewinnt an Bedeutung

Anzunehmen ist, dass spätestens um die Sesshaftigkeit unserer Vorfahren, auch die Erkenntnis wuchs, dass Kinder durch die Zeugung im Geschlechtsverkehr entstehen. Die Rolle des Vaters formte sich also um in das Bewusstsein, Erzeuger seiner Kinder zu sein. Noch war das Leben ausgesprochen hart und auch hier blieb sicher weniger Zeit als heute, in der sich der Vater seinen Kindern ausführlich widmen konnte.

Allerdings lagen die Ansprüche innerhalb der Sippe wahrscheinlich auch anders geordnet. Indem der Vater seinen Söhnen beibrachte, was es zur Bewirtschaftung, die dem Überleben galt, zu wissen gab, verbrachte er auch viel Zeit mit ihnen.

Gemeinsam ums Überleben kämpfen

Jedes Mitglied brachte seinen Kindern bei, was sie für ihre spätere Rolle als Erwachsene wissen mussten. Da war es natürlich zweckmäßig, dass die Söhne primär vom Vater lernten, die Töchter von der Mutter.

Die Antike

War in den Jahrtausenden zuvor, die Mutter noch diejenige, die für das Entstehen neuen Lebens allein verantwortlich war, wuchsen, mit der Sesshaftigkeit der Menschen auch die Väter in eine führende Rolle. Bereits bei den Hochkulturen wie Mayas, Ägypter und im antiken Griechenland, besaß der Vater die Rolle des Familienoberhauptes, dessen Wort wie ein Gesetz war. Mütter gebaren Leben, das die Väter ihnen durch die Zeugung anvertrauten. Damit schwand der Status der Mutter und der des Vaters wuchs.

Besonders Jungen wurden ausschließlich von Vätern erzogen. In Kulturen, wie beispielsweise Sparta, in denen der Mann zeitlebens mehr Soldat als Familienmensch war, übergab man die Erziehung der Jungen anderen Männern, die für die Knaben zu Mentoren wurden.

Es gibt Überlieferungen, dass diese erzieherischen und ausbildungstechnischen Beziehungen zwischen Jungen und ihren Lehrern hauptsächlich eben in Kulturen, in denen die Väter innerhalb der Familie wenig anwesend sein konnten, manchmal sogar sehr zärtliche Bindungen waren, bei denen auch erotische Begegnungen nicht unüblich zu sein schienen.

Mag dies für uns heute verständlicherweise auch undenkbar sein, zeichnet es zumindest ab, dass körperliche Nähe eine Rolle spielte und nicht der bloße Drill vorherrschte.


Väter nach der Christianisierung

Mit der Christianisierung Europas verlor die Stellung des Vaters wieder den Wert, in der Vaterrolle die höchste Erfüllung zu finden. Dem weiblichen Geschlecht maß der Glaube einen eher negativ belasteten Platz zu. Verantwortlich für den Sündenfall galt die Frau als schwach und wankelmütig. Sie musste dem Schutz des Mannes unterstellt werden. Und auch die Kinder galt es eher dem Vater zuzusprechen, der für Weib und Kind zur Führungsperson wurde.

Dennoch galt die Vaterrolle nur zweitrangig als Erfüllung des guten Christen. Gott zu dienen und später, etwa ab dem 11. bis 12. Jahrhundert, auch zölibatär zu leben, war, religiös gesehen, weit erstrebenswerter. Doch dieser Weg war nur wenigen Männern eröffnet. Wer nicht zum Priester oder Mönch werden konnte oder wollte, hatte alternativ und als zweite Wahl, die Rolle des Oberhauptes seiner eigenen Familie inne, in der Kinder durch die Verführung der Frau entstanden.

So rückte die Position der Mutter immer weiter ins Abseits und der Vater hatte das alleinige Sagen über Weib und Kind. Sicher gab es auch Ehemänner und Väter, die ihre Familie zärtlich liebten, doch meist wurden Ehen arrangiert und Kinder als Altersversorger gezeugt. So blieben liebevolle Verbindungen wahrscheinlich eine Seltenheit. Sowohl unter den Ehepartnern als auch zwischen Eltern und Kindern.

Die Reformation

Erst mit den Reformationen im 16. Jahrhundert wurde den Müttern wieder ein höheres Mitspracherecht ihren Kindern gegenüber eingeräumt. Zudem war diese Rückgewinnung an Einfluss der Mütter, vor allem auch in Gebieten Europas nötig, die durch Kriege, zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert das Leben vieler Männer und damit auch Väter forderten.

Langsam, aber noch schleichend, pendelte sich, Stück für Stück, eine Gewinnung des Gleichgewichts zwischen Vätern und Müttern, in ihrer Rolle als Eltern ein.

Dennoch dauerte es noch einige Jahrhunderte, bis sich eine emanzipierte Verteilung der Aufgaben und Interessen beider Elternteile bei der Erziehung der Kinder deutlich abzeichnen konnte.

Die Industrialisierung

Einfluss nahm dabei auch die Industrialisierung. Vor dieser beschränkte sich das Wirkungsfeld der Männer, mit dem sie das Auskommen ihrer Familien sicherten, auf das direkte, heimische Umfeld. Mit der Industrialisierung arbeiteten die Männer meist außerhalb von Heim und Hof und verloren somit immer mehr an Einfluss.

Gesetzlich galten die Kinder noch immer zum Vater gehörend, jedoch war dieser kaum noch präsent. Auch im Verhältnis zu seinen Kindern machte sich das bemerkbar, denn der Mann galt zwar weiter als Oberhaupt und Versorger der Familie, nahm aber, in alltäglichen Dingen, kaum noch Anteil an der Erziehung, da er zumeist abwesend war.

Die neuere Zeit bis heute

Ab etwa dem 19. Jahrhundert, begann ein Umbruch. Nach und nach änderten sich die Gesetzeslagen in Europa und bei einer Scheidung, die ein Ausnahmefall war, wurden die Kinder nicht mehr grundsätzlich dem Vater zugesprochen. Männer galten innerhalb ihrer Familie als Versorger, hatten aber nicht mehr ausschließlich die Machtstellung, über Frau und Kinder verfügen zu können, wie es ihnen beliebte.

Bereits seit Jahrhunderten war die Geburt ein reine Frauensache und auch als Oberhaupt der Familie hatten Männer zunehmend nur noch Einfluss auf zukunftsorientierte Entscheidungen für die gesamte Familie.

Immer mehr drängte es den Vater also wieder in eine Abseitsposition.

Die Industrialisierung wuchs, kaum ein Mann arbeitete noch in seinem Lebensumfeld und mit der Verantwortung, die die Frauen zu Hause trugen, wuchs der Wunsch nach Gleichberechtigung der Frauen.

Anfang des 20. Jahrhunderts festigte sich das neu gewonnene Selbstbewusstsein der Frauen. Sie erstritten sich immer mehr Emanzipation. Schien diese anfänglich den Mann auch aus seiner Rolle des Oberhauptes zu vertreiben, war dieser Schritt jedoch auch wichtig, um den Vätern von heute zu ermöglichen, ihren Kindern insgesamt näher zu kommen.

Wunsch nach Gleichberechtigung wächst

Mit der nach und nach umgesetzten Gleichberechtigung wurde den Männern die Alleinverantwortung abgenommen und auf Frau und Mann verteilt. So gilt das 20. Jahrhundert als das Jahrhundert, das es Vätern überhaupt erst erlaubte, sich mehr und intensiver in die Entwicklung ihrer Kinder einzubringen.

Distanz zu alten Rollenverteilungen

Je weiter Frauen und Männer von den veralteten Rollenverteilungen abrückten, Frauen also nicht nur arbeiten gehen konnten und immer mehr Rechte erhielten, die auch Männer innerhalb der Familie oder bei Scheidungen hatten, desto mehr wurden auch die Männer entlastet, die Verantwortung des Ernährers nicht mehr ausschließlich allein zu tragen. Sie hatten plötzlich auch Zeit, sich mit ihren Partnerinnen die Erziehung und Verantwortung für die Kinder zu teilen.

Immer mehr Wunschehen

Ein weiterer Punkt ist, dass Ehen nicht mehr arrangiert wurden. Paare fanden sich aus Zuneigung und so wurden Kinder immer mehr zum Ergebnis der Liebe ihrer Eltern zueinander. Nach und nach kehrte also der Vater wieder als präsente Person in die Familie zurück.

Die Vaterrolle heute

Und wie gestaltet sich die Vaterrolle heute? In den letzten Jahrzehnten gab es gravierende Veränderungen, die Väter zu Vätern werden ließ. Männer und Frauen teilen sich die Verantwortung für ihre Familien. War früher die Zeugung eines Kindes ein wichtiger Schritt, um die eigene Versorgung im Alter zu sichern, entscheiden Paare heutzutage meist gemeinsam und aus Liebe zueinander, dass sie ein Kind zusammen bekommen wollen, das als Krönung ihrer Beziehung angesehen wird. So ist die Zeugung ein gemeinsamer Akt beider Elternteile, aber auch die Schwangerschaft erleben Väter heute intensiv mit. Sie lassen sich nicht mehr ausschließen, sondern wollen Anteil am Wunder des entstehenden Leben sein.

Heute sind Väter in Kreißsälen

Auch aus den Kreißsälen sind werdende Väter heute kaum mehr wegzudenken. Paare haben für sich erkannt, dass sie einander näher sind als jeder Außenstehende und somit treten sie souverän dafür ein, von der Zeugung, über die Schwangerschaft, Geburt und die gesamte Kindheit ihrer Sprösslinge, eine gemeinsame und selbstbestimmte Verantwortlichkeit für ihre Nachkommen zu tragen.

Diese Entwicklung, wenn sie auch noch recht jung im Vergleich zur Gesamtentwicklung des Menschen ist, bringt sowohl Eltern als auch Kindern die Möglichkeiten, endlich ein vollkommen ausgewogenes Maß für alle Familienmitglieder leben zu können, in dem niemand mehr alleinige Verantwortung tragen muss und sich somit aus dem Familienleben ausgrenzt, da er nicht so oft anwesend ist.

Väter erleben mit ihren Partnerinnen, wie die Kinder aufwachsen, erkennen ihre Fähigkeiten, sich gegenseitig zu ergänzen, ziehen daraus eigene Vorteile und bieten ihren Kindern damit ebenfalls den Einfluss sowohl der männlichen Erziehung als auch der weiblichen.

Dies birgt jedoch nicht nur Vorteile für die Familien selbst, sondern auch die Gesellschaft insgesamt, die durch die fehlende Distanzierung eines Elternteils neue Generationen hervorbringt, die von beiden Elternteilen geprägt, eine Sozialkompetenz mit auf den Weg bekommt, durch die Toleranz und gegenseitiger Respekt wachsen können.
[SyKo]

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