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Alleiniges Sorgerecht

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Das Alleinige Sorgerecht wird nicht ohne weiteres zugesprochen.
Das Alleinige Sorgerecht wird nicht ohne weiteres zugesprochen.

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AutoreninfoDr. Gerhard Oellinger
aktualisiert: 11.09.2017Gründer von Mamiweb, Jurist
Recht, Finanzen, Soziales
Kaum eine Beziehung hält ewig und so kommt es immer wieder zu Trennungen und somit auch zu Sorgerechtsfragen. Zwar sollte das gemeinsame Sorgerecht, bei welchem sowohl Mutter als auch Vater Kontakt zu dem Kind haben und wichtige Entscheidungen gemeinsam treffen können, Vorrang haben, doch dies ist nicht immer der Fall. Unter bestimmten Voraussetzungen kann es sein, dass ein Elternteil das alleinige Sorgerecht beantragen will. Was genau das ist, welche Gründe vorliegen müssen und welche weiteren Kriterien Familiengerichte berücksichtigen, kannst du hier erfahren.
Was du hier lesen kannst:
  • Was bedeutet alleiniges Sorgerecht im Detail?
  • Alleiniges Sorgerecht für ledige Mütter
  • Gründe für alleiniges Sorgerecht
  • Kriterien, die ebenfalls beachtet werden
  • Gründe für einen Sorgerechtsentzug
  • Fazit
  • Wissenswertes

Was bedeutet alleiniges Sorgerecht im Detail?

Beim alleinigen Sorgerecht übernimmt ein Elternteil alle Rechte und Pflichte, die für das geistige und körperliche Wohl des Kindes wichtig sind. Alle Entscheidungen zum Aufenthaltsort des Kindes, zu dessen Schulbildung und zu ärztlichen Eingriffen können von einem Elternteil allein getroffen werden.
Das Aufenthaltsbestimmungsrecht und die Vermögenssorge können einzeln vergeben werden.

Alleiniges Sorgerecht für ledige Mütter

Nur ledige Mütter bekommen automatisch das alleinige Sorgerecht zugewiesen. Allerdings heißt dies nicht automatisch auch, dass die Väter nicht mit in das Sorgerecht eingetragen werden können. Seit 2013 ist es übrigens auch möglich, dass die Väter Anträge für das alleinige Sorgerecht stellen können.

Gründe für alleiniges Sorgerecht

Das alleinige Sorgerecht für ein Kind zu erhalten, ist nicht ganz einfach, es sei denn, der andere Elternteil ist damit einverstanden, was in den seltensten Fällen der Fall ist. Grundsätzlich müssen immer schwerwiegende Gründe vorliegen, damit ein Sorgerechtsstreit zu einem alleinigen Sorgerecht für ein Elternteil führt. Diese Verfahren werden immer sehr individuell betrachtet und im Interesse des Kindes entschieden.

Durch eine Gefährdung des Kindeswohls - sei es durch Vernachlässigung, häusliche Gewalt oder auch nur deshalb, weil die Eltern absolut unfähig sind, das gemeinsame Sorgerecht umzusetzen und das Kind darunter leidet - wird in der Regel ein alleiniges Sorgerecht zugesprochen. Ein weiterer Grund für die Zusprache des alleinigen Sorgerechts kann sein, wenn ein Elternteil nicht in der Lage ist, das gemeinsame Sorgerecht auszuüben. Gründe hierfür könnten ein Wohnsitz im Ausland oder eine Freiheitsstrafe sein.

Wenn ein Antrag auf alleiniges Sorgerecht gestellt wird, sollte man sich darüber bewusst sein, dass es nicht unüblich ist, dass das Elternteil das Sorgerecht zugesprochen bekommt, das diesen Antrag nicht gestellt hat. Dieses kann zum Beispiel immer dann der Fall sein, wenn das Elternteil, das den Antrag gestellt hat, den Kontakt zum anderen Elternteil unterbinden möchte, dieser aber dem Kindeswohl nicht abträglich ist.

Neben dem alleinigen Sorgerecht können auch bestimmte Teile des Sorgerechts nur einer Person zugesprochen werden. Hier wären das Aufenthaltsbestimmungsrecht und die Vermögenssorge zu nennen.

Kriterien, die ebenfalls beachtet

Verschiedene Familiengerichte handhaben Sorgerechtsstreitigkeiten sehr unterschiedlich. Bei einigen wird viel Gewicht auf ein psychologisches Gutachten gelegt, welches Aufschluss darüber geben soll, welches der beiden Elternteile sich besser für das alleinige Sorgerecht eignet. Andere Familiengerichte versuchen ein Sorgerechtsverfahren direkt abzuwenden und auf die Eltern einzuwirken, damit diese weiterhin das gemeinsame Sorgerecht zum Wohle des Kindes ausüben.

Weitere Punkte, die bei einem Antrag auf alleiniges Sorgerecht, immer Beachtung finden:

Kindeswille: Ab dem 14ten Lebensjahr haben Kinder das Recht und die Möglichkeit auf Mitsprache und Widerspruch. Doch auch schon vorher werden die Aussagen und Wünsche der Kinder berücksichtigt. In aller Regel werden Kinder ab einem Alter von vier Jahren befragt.

Bindung: Natürlich wird auch die emotionale Bindung des Kindes berücksichtigt. Zum einen natürlich in Hinblick auf die Frage, zu welchem Elternteil die Bindung des Kindes stärker ist oder ob es eventuell sogar Probleme mit einem Elternteil gibt, zum anderen aber auch in Hinblick auf Geschwister und andere für das Kind wichtige Personen. Gerade dann, wenn ein Ortswechsel stattfinden würde, wird das emotionale Bindungsverhältnis genauestens geprüft.

Kontinuität in der Erziehung: Wer hat das Kind bisher maßgeblich betreut und wie sieht die aktuelle Verteilung der Erziehung auf die beiden Eltern aus? Gibt es bei den Eltern gravierende Unterschiede im Hinblick auf die Stabilität des Umfeldes und wer von beiden kann diese Stabilität aufrecht erhalten? Auch nicht zu unterschätzen ist die Frage, wo das Kind nun seit der Trennung lebt.

Förderung: Welche Möglichkeiten und Kompetenzen haben die verschiedenen Elternteile? Die Frage nach Förderung des Kinder darf nicht unbeachtet bleiben und leitet sich aus den persönlichen Kompetenzen der Eltern und aus deren Lebensumständen ab.

Gründe für einen Sorgerechtsentzug

Es gibt einige Gründe, die einen Sorgerechtsstreit in die eine oder andere Richtung kippen lassen und sich klar zu Ungunsten des schuldigen Elternteils auswirken. Hierzu gehören:
  • Misshandlung
  • schwerwiegende Erziehungsfehler
  • Gesundheitsgefährdung
  • Kindesvermögensgefährdung
  • Missbrauch des Sorgerechts
  • Vernachlässigung
  • Gefährliches Umfeld durch Dritte
  • Nichteinhaltung der Schulpflicht
  • Suchterkrankung
  • psychische Erkrankung
  • Verwehrung des Umgangsrechts
Hierbei spielt es für das Gericht übrigens keine Rolle, ob diese Punkte bewusst oder unbewusst von dem Elternteil verursacht wurden. Liegt einer oder gar mehrere der oben genannten Punkte vor, kann man ziemlich sicher von einem Sorgerechtsentzug ausgehen.
Unter speziellen Umständen kann dieser Entzug allerdings auch nur temporär sein, bis der Grund von dem betroffenen Elternteil abgestellt wurde. Hier sollte aber unbedingt immer ein Anwalt zu Rate gezogen werden, um Fragen und Möglichkeiten zu klären und realistisch und vor allem individuell die Chancen einschätzen zu können.

Fazit

Ein nicht einvernehmlicher Antrag auf alleiniges Sorgerecht sollte wohlüberlegt sein. Nicht nur ist ein Sorgerechtsverfahren eine für alle Beteiligten anstrengende und nervenaufreibende Sache, die obendrein noch ganz anders ausgehen kann, als man es sich erhofft, sondern belastet es vor allem das Kind auch ungemein. Kinder sind die wahren Opfer von Sorgerechtsverfahren und alle Eltern tun gut daran, wenn sie versuchen, einen einvernehmlichen Weg zu finden. Dieses Vorgehen ist nicht nur für sie selbst wesentlich leichter und angenehmer, es erspart auch dem Kind viel Kummer und Leid und oft ist es gar nicht verkehrt, wenn man wichtige Entscheidungen für das Kind doch nicht allein treffen muss.

Wissenswertes

  • Erst 2013 gab es eine Gesetzesänderung, die es auch Männern erlaubt, einen Antrag auf alleiniges Sorgerecht ohne Zustimmung der Mutter zu stellen.
  • Das Jugendamt berät bei Sorgerechtsfragen und hilft auch beim Verfassen des Antrags auf alleiniges Sorgerecht.
  • Für ein Sorgerechtsverfahren sollte man sich unbedingt einen Anwalt nehmen.
  • Der Kindesunterhalt wird nicht beeinflusst durch ein alleiniges Sorgerecht
  • Die Zahl der Alleinerziehenden in Deutschland wächst kontinuierlich: 2010 gab es 2.654.000 alleinerziehende Mütter und Väter. 2015 lag die Zahl schon bei 2.739.000.
  • Gerichtskosten und Anwaltskosten liegen in der Regel bei 800 bis 1000 Euro.
  • Eltern mit geringem Einkommen können auch für Sorgerechtsverfahren Gerichtskostenbeihilfe beantragen.
  • Das Sorgerecht über das eigene Kind ist in Deutschland ein Grundrecht. (Artikel 6 Grundgesetz: (1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.)
  • Der rechtmäßige Vater kann vom natürlichen Vater abweichen, wenn das Kind innerhalb einer Ehe geboren wird.
  • Mutterschaften werden direkt mit der Geburt des Kindes anerkannt, Vaterschaften müssen bewiesen oder vom Vater anerkannt werden, so er nicht mit der Mutter verheiratet ist.
  • Nach einer Trennung, auch einer Scheidung, bleibt das gemeinsame Sorgerecht erhalten.
  • Verstirbt ein Elternteil, erhält das verbleibende Elternteil ebenfalls das alleinige Sorgerecht.

[KaKra]

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