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Reisen in der Elternzeit

Per Kamel durch Palmyra in Syrien
Per Kamel durch Palmyra in Syrien

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AutoreninfoMag. Carina Runge-Mathis
aktualisiert: 02.06.2016Gründerin von Mamiweb, Mehrfache Mutter
Gesundheit, Familie, Soziales
Elternzeit bedeutet als Familie mit dem Neugeborenem intensiv Zeit zu verbringen.

Besonders Väter nutzen diese Gelegenheit, um von Anfang an die Entwicklung des Babys mitzuverfolgen und die ersten Monate mit dem gemeinsamen Kind zu genießen. Doch statt nur die Windeln zu Hause zu wechseln und auf dem Spielplatz spazieren zu gehen, kann die Elternzeit auch als Reisezeit genutzt werden, um viele Abenteuer zu erleben und zu bestehen.

Inka Schmeling macht es vor und reiste mit ihrem Mann und ihrem neun Monate alten Sohn in die Türkei. Sie bereiste auf ihrem Weg auch Syrien und den Iran. Was erstmal nach Stress pur klingen mag, ist es in Wirklichkeit gar nicht. In ihrem Buch Abenteuer Elternzeit, einem Mix aus Ratgeber und Lesebuch, erzählt sie uns ihre Reiseerfahrung und enthüllt, dass solch eine Reise entspannend, abenteuerlich und schön sein kann. Was wiederum den nicht unbedeutenden Nebeneffekt hat, die Familie noch enger zusammenzuschweißen.

Inka Schmeling hat sich die Zeit genommen und Mamiweb einige Fragen beantwortet:


1. Ab welchem Alter sind Babys reisetauglich?

Das kommt wirklich sehr auf das Kind an. Mit einem gesunden, ausgeglichenen Baby kann man schon mit vier, fünf Monaten gut verreisen. Meist werden sie dann ja noch voll gestillt und schlafen außerdem auch tagsüber noch viel - beides macht das Reisen deutlich entspannter. Es gibt aber auch Kinder, die sich in den ersten Monaten etwas schwerer tun, die Bauchschmerzen haben, viel weinen, nervös sind, schlecht schlafen. All das wird auf einer Reise mit Sicherheit nicht besser, da würde ich lieber noch etwas abwarten. Außerdem: Die Eltern sollten den Zeitpunkt ihrer Reise nicht nur nach dem Kind richten. Es gibt auch viele Mütter und Väter, die nach der Geburt erst einmal einige Monate zu Hause brauchen, um im neuen Leben zu dritt anzukommen.

2. Welche Papiere bzw. Dokumente werden bei Reisen fürs Kind gebraucht? In EU-Ländern und nicht EU-Ländern?

Seit 2007 können Kinder nicht mehr in den Ausweis der Eltern mit eingetragen werden. Bei Reisen innerhalb der EU brauchen sie einen eigenen Personalausweis, bei Reisen außerhalb der EU sogar einen eigenen Reisepass - und je nach Reiseziel also entsprechend auch ein eigenes Visum. Da sowohl der Antrag für die Dokumente wie auch fürs Visum mehrere Wochen dauern können: Unbedingt rechtzeitig informieren, welche Dokumente man für sich selbst und das Kind braucht. Die Infos bekommt man auf der Webseite des Auswärtigen Amtes (www.auswaertiges-amt.de). Dort wird zu jedem Reiseland aufgelistet, ob ein Visum nötig ist und wie lange der Reisepass noch gültig sein muss.

3. Gibt es spezielle Länder, die gut für längere Reisen sind? Gibt es Länder bzw. Gebiete die man lieber meiden sollte?

Es gibt fast 200 Länder auf der Welt - die Auswahl ist also riesig... Weil mein Mann und ich uns auch sehr für diese Frage interessieren, haben wir eine Art "Sammelalbum" eingerichtet, wo Eltern von ihren Reiseerfahrungen aus allen möglichen Ländern berichten: www.nepomuksreisen.de

4. Wie sollte die Reiseapotheke aussehen? Wie sieht es mit der ärztlichen Behandlung im Ausland aus? Was tun bei medizinischen Notfällen?

In meinem Buch habe ich eine Art Grundstock für eine Reiseapotheke zusammengestellt. Aber: Das darf man wirklich nur als Basis-Paket verstehen! Was genau Eltern in ihre Reiseapotheke einpacken, sollten sie in jedem Fall mit ihrem Kinderarzt besprechen (der das Kind gut kennt) sowie mit einem Experten, der das Reiseziel gut kennt. Für exotischere Länder empfehle ich dringend eine persönliche Beratung etwa beim Reisemedizinischen Zentrum des Hamburger Tropeninstitutes (geht auch telefonisch): www.gesundes-reisen.de. Auch über die ärztliche Behandlung vor Ort sollte man sich vor der Reise Gedanken machen: Über das Auswärtige Amt (www.auswaertiges-amt.de) bekommt man etwa eine Liste mit deutsch- oder englischsprachigen Kinderärzten in dem jeweiligen Land. Was ich bei Reisen mit Kindern außerdem empfehlen würde: eine Reise-Rückhol-Versicherung für medizinische Notfälle. Die wird von fast allen Auslandskrankenversicherungen (die man ja eh haben sollte!) gegen einen geringen Aufpreis mit angeboten.

5. Tipps und Tricks bei langen Fahrten/Flügen. Wie halte ich das Kind bei Laune?

Für mein Buch habe ich andere Eltern und Kita-Erzieherinnen befragt, wie sie ihre Kinder unterwegs bespaßen. Die hatten richtig schöne Ideen, von einer Foto-Collage auf dem Rücksitz (damit auch kleine Kinder, die noch rückwärts in der Babyschale sitzen, etwas zu gucken haben) bis zum "Sockenmonster" (einfach einen Socken über eine Hand streifen und in eine Handpuppe verwandeln). Was sich bei uns bewährt hat, weil es leicht war und eigentlich immer Spaß gemacht hat: Luftballons und Seifenblasen.

6. Klimaumstellung, wie geht man am besten vor? Was sollte man beachten? Wie wirkt sich extreme Klimaumstellung aufs Kind aus?

Babys vertragen starke Klimaschwankungen nicht sehr gut, das sollte man unbedingt bei der Reiseplanung beachten! Gerade starke Hitze und Sonne bekommt ihnen nicht gut: Ihre Haut ist sehr sonnenempfindlich, ihr Flüssigkeitshaushalt bricht bei starkem Schwitzen schnell ein. Wer trotzdem in warme Länder reist, sollte also dringend auf guten Sonnenschutz achten. Ich habe in meinem Buch ein ganzes Kapitel nur dem Thema Schutz vor Sonne, Wind, Wasser, Kälte gewidmet - von der richtigen Sonnencreme über UV-Kleidung und Sonnenbrillen bis zu der Frage, wie viel Flüssigkeit Babys in welchem Alter eigentlich am Tag zu sich nehmen sollen.

7. Welchen Vorrat (Essen etc.) nimmt man mit?

Das ist eine Frage des Geschmacks - auf Seiten der Eltern. Ich kenne kein Land, in das man Babynahrung mitbringen müsste: Milchpulver oder Brei gibt es nun wirklich fast überall auf der Welt.

8. Wie lange kann man mit Kind „auf Achse“ sein?

So lange, wie es allen gut geht: dem Kind und den Eltern. Babys haben - wie ja auch Erwachsene - ein sehr unterschiedliches Bedürfnis nach Ruhe oder Action. Solange die Eltern ihr Kind gut im Blick haben und auf seine Bedürfnisse achten, kann eigentlich nichts schief gehen.  

9. Andere Länder, andere Kulturen. Wie bringe ich meinem Kind das fremde Land näher?

Auf Reisen geschieht das automatisch: Gestillte Babys merken, dass die Muttermilch plötzlich etwas anders schmeckt (weil die Mutter andere Dinge isst), ältere Kinder probieren vielleicht schon vom Teller ihrer Eltern mit. Schon kleine Kinder merken, dass es in einem anderen Land etwas anders schmecken, riechen, tönen kann - und dass die Menschen dort vielleicht ganz anders auf sie reagieren. Was sich die Menschen auf unserer Reise alles haben einfallen lassen, um unseren Sohn zu bespaßen: Ein Kellner in Istanbul hat regelrechte Volkstänze aufgeführt, die Wasserpfeifen-Raucher im Café in Damaskus haben besonders schöne Kringel für ihn in die Luft gepafft. Eine Ethnologin, die ich für mein Buch interviewt habe, sagte sehr schön: "Reisen macht immer weltoffener. Das gilt schon sehr früh."

10. Fremdes Essen, worauf sollte man achten?

Eine Ernährungswissenschaftlerin vom "Forschungsinstitut für Kinderernährung" sagte mir: Scheuen Sie sich im Ausland nicht, Ihrem Kind auch mal andere Gemüsesorten anzubieten. Es habe sich in mehreren Studien gezeigt, dass es für Kinder durchaus von Vorteil sei, auch mal andere Gerichte zu essen als zu Hause. Wer zu Beginn des Lebens verschiedene Geschmäcker kennen lernt, ist auch später aufgeschlossener gegenüber neuen Lebensmitteln. Worauf man aber natürlich immer als Eltern achten muss: Gerade kleine Kinder sollten nichts bekommen, was hygienisch bedenklich ist. Also in heißen Ländern etwa kein Leitungswasser, keinen frischen Salat, kein Eis, nur geschältes Obst.

11. Wie wirkt sich die Reise auf das Kind aus? Was bekommt mein Kind davon überhaupt mit?

Das kommt auf das Alter des Kindes an: Je jünger es ist, umso mehr besteht seine Welt - egal ob zu Hause oder auf Reisen - vor allem aus seinen Eltern. Die Leiterin des Staatsinstitutes für Frühpädagogik sagte im Interview so schön: Wenn es Ihnen auf der Reise gut geht, dann geht es auch Ihrem Kind richtig gut. Je älter die Kinder dann werden, umso mehr bekommen sie natürlich auch von ihrer Umgebung mit. Schließlich müssen sich die Sinne im ersten Lebensjahr ja erst einmal entwickeln.

12. Reisen mit Flugzeug: Ohrschmerzen im Flieger, wie beuge ich vor? Was nimmt man mit ins Flugzeug?

Das beste Mittel gegen Ohrenschmerzen: saugen. Brust, Flasche oder Schnuller helfen beim Druckausgleich. Hat sich das Kind vor dem Flug erkältet, sollte man unbedingt zum Kinderarzt und abklären lassen, ob und mit welchen Medikamenten das Kind trotzdem fliegen kann. Bei leichtem Schnupfen kann ein abschwellendes Nasenspray helfen, das muss aber der Arzt entscheiden.

13. Verreisen mit beiden Elternteilen, wie regelt man das Finanzielle?

Gehen Mutter und Vater gleichzeitig in Elternzeit, haben sie auch gleichzeitig ein Recht auf Elterngeld. Insgesamt 14 Monate bezahlte Elternzeit stehen einem Paar zur Verfügung - die können sie aufteilen, wie es ihnen passt (solange jeder mindestens zwei Monate nimmt). Viele Paare nutzen die zwei so genannten "Vätermonate" für eine längere Reise. Man könnte aber auch gemeinsam sieben Monate am Stück nehmen; danach hätten sie allerdings ihr Recht auf Elterngeld "aufgebraucht". Zum Finanziellen: Mutter wie Vater bekommen an Elterngeld grob 67 Prozent ihres Netto-Einkommens von vor der Geburt bzw. dem Mutterschutz. Im besten Fall sind das pro Person 1.800 Euro im Monat, zusammen also 3.600 Euro. Damit kommt man schon ganz schön weit.
Nepomuk (10 Monate) in der Wüstenstadt
Nepomuk (10 Monate) in der Wüstenstadt

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AutoreninfoMag. Carina Runge-Mathis
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14. Was kann man dem Kind auf langen Reisen zumuten?

Natürlich muss auch ein Baby mal Momente aushalten, in denen die Umgebung etwas zu trubelig ist oder seine Eltern gestresst sind; das muss es ja auch zu Hause mal. Aber: Man sollte sowohl bei der Planung der Reise wie auch unterwegs darauf achten, dass die Reise eben keine Zumutung wird für das Kind. Davon hat niemand was! Unterwegs zu sein mit einem überdrehten, übermüdeten, überforderten Baby ist schließlich auch für seine Eltern kein Spaß. Wenn man also unterwegs merkt, dass man sich zu viel vorgenommen hat: Lieber etwas Luft raus lassen und nicht stur weiterfahren. Der Alltag zu Hause ist doch schon stressig genug, auf der Familienreise sollte man es sich wirklich mal gönnen, Zeit und Ruhe zu haben. Ich habe für mein Buch mit einem Dutzend Eltern gesprochen, die mit ihren Kindern in die verschiedensten Länder gereist sind. Und alle sagten einstimmig: Das Allerschönste an der Reise war, dass sie endlich mal richtig viel Zeit hatten als Familie.

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